Die Reeder der Familie Roosen 

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Dies ist eine kurze Übersicht der verschiedenen Reeder und Firmen der Familie Roosen. Der Text ist ursprünglich von Walter Kresse 1966 im Rahmen einen Auftragsarbeit des Museums für Hamburger Geschichte erstellt worden. Ich habe ihn teilweise korrigiert und vervollständigt.

Reeder und Kaufmann BEREND I ROOSEN (1759-1788)

Der bedeutendste Hamburger Reeder des 18. Jahrhunderts war zweifellos der Mennonit Berend I Roosen (1705-1788). Berend I Roosen hatte 1736 als Teilhaber seiner Schwiegermutter begonnen und war ab 1759 völlig selbständig und unabhängig. Anders als die übrigen Hamburger Reeder seiner Zeit stützte er sich nicht auf die Kapitalbeteiligungen von Mitreedern: Er war Alleininhaber seiner Handelsflotte, Reederei, Werft und Tranbrennerei und alleiniger Eigentümer aller seiner Schiffe. Ein einziges Mal war sein Bruder Salomon an einem seiner Schiffe beteiligt, doch endete diese Partnerschaft bereite nach der ersten Reise. Sein Schiffseigentum beläuft sich 1765 auf 13 Seeschiffe und steigt bis 1778 auf 21 Fahrzeuge an. Neben wenigen kleinen Schiffsmannschaften zählen die großen und größeren damaligen Hamburger Schiffe zu seinem Eigentum. Sein Schiff "de Hermann" ist mit 300 Last das größte hamburgische Schiff des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Diese großen Schiffe wurden anfangs vor allem im Walfang eingesetzt. 1765 reisen sieben von seinen 13 Schiffen nach Grönland. 1776 sind es noch vier von insgesamt I8 und 1785 gar nur noch eines. Zum wichtigsten Geschäftsgebiet seiner Firma wurde die Archangel - Fahrt. Jahr für Jahr wurden Ende April, Anfang Mai bis zu 12 große Schiffe nach Archangel geschickt, meist mit Ballast, um von dort vor allem Getreide nach Hamburg oder Amsterdam zu bringen. Doch beschränkte sich Roosen nicht nur auf dieses Fahrtgebiet. Der Verkehr zwischen Hamburg und Bordeaux wird 1770 mit einem kleinen Schiff aufgenommen, ereicht nach einer Unterbrechung in der Mitte der siebziger Jahre, in den Jahren- 1777/79 einen ersten Höhepunkt und wird nach dem Ende des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges, in den Jahren 1784/88 weiter intensiver. Ebenfalls frühzeitig 1771 erfolgt die erste Entsendung eines Schiffes nach Portugal. Von 1777 an werden diese Portugal-Reisen zu einer regelmäßigren Einrichtung, nicht wenige seiner Portugal-Fahrer segeln via Archangel nach Lissabon. Auch an der Westindien Fahrt des Jahres 1782 beteiligt sich Roosen mit einem Schiff, ohne dann allerdings weitere Versuche in der Übersee-Fahrt zu unternehmen. Die Erfolge dieses Reeders sind zweifellos auf seinen sicheren Blick für die Gewinnchancen in den einzelnen Fahrtgebieten und auf die konsequente Bearbeitung des als aussichtsreich erkannten Gebietes zurückzuführen: Der Walfang wird laufend reduziert, die London-Fahrt mit ihren starken Schwankungen gemieden, die Archangel Fahrt jedoch so weit wie möglich aufgebaut. Weitere Quelle seiner Erfolge war die Zusammenfassung von Handel, Reederei, Schiffbau und Tranbrennerei in Grönland auf den Schiffen und schließlich die Bewahrung des Alleineigentums, die ihm rasche Entscheidungen ermöglichte.

Reeder und Kaufmann SALOMON I ROOSEN (1779-1795)

Salomon I Roosen (1717-1795), der Bruder des großen Hamburger Reeders Berend I hatte 1750 sein Handelsgeschäft eröffnet. Doch erst 1779 beginnt er, mit zwei Fahrzeugen von 60 bis 70 Last selbst Schifffahrt zu betreiben. Diese Schiffe werden in der Nordspanien-Fahrt verwendet, vereinzelt finden auch Reisen nach französischen Häfen und nach Portugal statt. Der Aufbau zur bedeutenden Reederei erfolgt durch Salomons Sohn Berend III.

Reeder und Kaufmann BEREND III ROOSEN SALMONS SOHN (1791-1819)

Einer der wagemutigsten Unternehmer der Hamburger Schifffahrt der neunziger Jahre war Salomon Roosens Sohn Berend (III) (1757-1820), der Berend Roosen SaI. Sohn firmierte (1795-1820). Anders als sein Onkel Berend (I) Roosen hatte Berend III Roosen keine Bedenken, fremde Gelder zum Aufbau seiner Firmenflotte heranzuziehen: 41 Mitreeder sind an seinen Schiffen beteiligt. Er selbst besitzt Partenschaften an 34 Schiffen anderer Reeder. Bereits zu Lebzeiten seines Vaters Salomon erwirbt er eigene Schiffe, das erste im Jahre 1789. 1792 besitzt er vier, 1797 sind es bereits 18. In den schwierigen Jahren 1803, 1807, 1813 werden einzelne Fahrzeuge veräußert, doch wird 1814 und 1817 mit 18 Schiffen wieder der Höchststand erreicht. In diesen Jahren ist Berend (III) Roosen Besitzer der größten Hamburger Reedereiflotte. Viele seiner Schiffe messen 100 bis 250 Last: 1798 sind es 12 von 18 Schiffen und 1817 10 von 18. Das wichtigste Fahrtgebiet ist Portugal. 1797 und 1801 werden je neun große Schiffe nach Oporto und Lissabon ausgesandt. An der London-Fahrt beteiligt sich Berend III vorübergehend - während der Hochkonjunktur 1795/97. Von 1797 an gewinnt die Übersee-Fahrt an Bedeutung. Seine Schiffe segeln nach Nordamerika, aber auch nach Westindien, Südamerika und Isle de France. 1799 ist die Hälfte seiner Schiffe in der Übersee-Fahrt beschäftigt. Auch in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts - 1802 bis 1808 - werden laufend Reisen nach Nordamerika unternommen. 1809 bis 1810 schickt er einige Schiffe von Hamburg aus auf Walfang und einige andere Schiffe von London aus nach Archangel und in die Ostsee. Nach 1813 unternimmt Berend III Versuche auf anderen Fahrtgebieten. Im Vordergrund steht Portugal, 1816 entsendet Berend Roosen wiederum neun Schiffe nach Oporto und Lissabon. Bereits 1818 erscheint in den Hamburger Quellen nur noch eines seiner Schiffe in der Portugal-Fahrt: Roosen läßt einzelne seiner Schiffe unter fremder Flagge segeln. An der London Fahrt nimmt die Firma insbesondere während der britischen Konjunktur von 1818 teil. Die Reisen nach Bordeaux sind nur 1814 von Bedeutung. Dagegen wird der Walfang bis 1820 regelmäßig betrieben; vor 1806 hatte sich Berend III auf diesem Gebiet überhaupt nicht betätigt. Das Roosen es nunmehr tut, beweist gewiß, wie schwierig diese Jahre gewesen sein müssen. Von Bedeutung ist für die Firma die Archangel- sowie die Spanien Fahrt. In die nächste Zukunft hingegen weist die Intensivierung des Verkehrs mit Nordamerika und Westindien. Selbst in den Indische Ozean wird 1817 ein Schiff gesandt. Es findet in diesen Jahren eine systematische Überprüfung aller Märkte statt, die Schlussfolgerungen , nämlich den Verzicht auf die Bestätigung in wenig aussichtsreichen Geschäftsgebieten und die Konzentration auf die Indien - und Amerika -Fahrt ziehen nach Berends Tod (1820) seine Nachfolger S. & B. Roosen.

Handelsfirma SEELIG BEREND ROOSEN ERBEN (1788-1813)

Die Unternehmungen des Berend (I) Roosen werden nach dessen Tod (1788) von der Firma Seelig Berend Roosen Erben fortgeführt. Erben sind die Töchter Berend Roosens und seine Schwiegersöhne. Die treibende Kraft der Eibengemeinschaft war offensichtlich Lucas de Voss (verstorben 1800), der in der Literatur eigentümlicherweise nie erwähnt wird, jedoch, in den Schluss - Protokollen regelmäßig als dirigierender Reeder erscheint. Wie zu Zeiten Berends I werden Mitreeder nicht beteiligt. Auch beteiligt sich die Firma ihrerseits nicht an fremden Unternehmungen, zumindest nicht in der Form von Schiffsparten. Der Schiffsbestand der Firma steigt nach dem Tode Berend I Roosen noch an und erreicht 1798 mit 25 Schiffen von insgesamt 3650 Last zu 4000 Pfund den absoluten Höchststand eines Hamburger Schifffahrt Unternehmens im 18. Jahrhundert: Berend I Roosen ist also gewiß der bedeutendste Hamburger Schiffsreeder des 18. Jahrhunderts gewesen, in der Größe seiner Reederei-Flotte wird er von seinen Erben - genauer: von Lucas de Voss - noch übertroffen. Zur Reederei-Flotte gehören einige wenige kleine Schiffe, die in der Fahrt nach Amsterdam und den Häfen der französischen Kanal- und Atlantikküste eingesetzt werden, vor allem jedoch große und größte Schiffe von 100 bis 200, 150 und 300 Last. Zwei dieser Schiffe segeln von 1788 bis 1805 alljährlich nach Grönland. Die von Berend Roosen aufgebauten übrigen Geschäftsverbindungen werden von seinen Erben sorgfältig gepflegt. Weiterhin werden Schiffe nach Archangel geschickt, 1795 und 1796 sind es jeweils wieder acht große Fahrzeuge. Doch gibt es nun auch Jahre 1799, 1804, in denen kein einziges Roosensches Schiff ins Weiße Meer fährt: Die große Konjunktur des Hamburger Getreidehandels im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts nähert sich ihrem Ende. Die Bordeaux-Fahrt wird fortgesetzt, ist nun allerdings von geringerer Bedeutung als in den letzten zwölf Lebensjahren Berend I Roosens. Die Kriegsereignisse veranlassen, wie andere Hamburger Unternehmungen, daß diese Firma, 1795 bis 1797 von der Bordeaux- in die London- und Portugal Fahrt übergehen. Von 1798 an ist die Portugal-Fahrt für das Haus wichtiger als die Bordeaux-Fahrt. Ein Arbeitsgebiet, auf dem sich Berend I Roosen nach einem einmaligen Versuch weiter betätigt hatte, ist die Übersee-Fahrt. Seine Nachfolger wenden sich von 1793 an diesem Geschäft mit Entschiedenheit zu. 1798 steht Nordamerika als Fahrtgebiet an der Spitze. Schon ab 1793 werden regelmäßig Reisen nach Westindien unternommen; 1798 setzen die Fahrten nach dem La Plata ein. Mit dem Tode Lucas de Voss beginnt eine Übergangsperiode dieses Hauses. Bereits 1805 erscheinen die späteren Nachfolger B. & H. Roosen jres. in den Seepass-Protokollen als dirigierende Reeder einzelner Schiffe. Es dauert jedoch noch bis 1813, ehe die Erbauseinandersetzung endgültig abgeschlossen ist. Auch in diesen für Hamburg wie innerbetrieblich kritischen Jahren ist ein beträchtlicher Teil der Flotte des Hauses in Fahrt Doch bleibt das Fehlen einer einheitlichen Führung des Hauses nicht ohne Folgen. Der Schiffsbestand geht von 23 im Jahre 1800 auf 11 im Jahre 1813 zurück.

Reeder und Kaufmann BEREND II ROOSEN HERMANNS SOHN (1781-1791)

Handelsfirma B. & H. ROOSEN JRES. (1805-1849)

Zwischen 1805 und 1813 gehen die Unternehmungen Berend I Roosens und seiner Erben an den Enkel Berend IV und den Urenkel Hermann V Roosen über. Sie bilden die Firma B. H. Roosen jres. Diese Firma wendet sich 1814 sehr konsequent von den traditionellen Geschäftszweigen ihrer Vorfahren ab. Walfänger werden zuletzt 1807 ausgesandt. Nach Archangel reisen 1817 mehrere Roosen - Schiffe, die letzte Archangel - Reise wird 1820 durchgeführt. Nach London segeln in den jeweils kurzfristigen Konjunkturen 1813/14 und 1818 einzelne Schiffe der Firma. Fahrten nach Frankreich, Nordspanien und Portugal finden kaum statt. Einzig der Verkehr mit Amsterdam wird mit einem kleinen Schmackschiffen aufrecht erhalten. Die übrigen Schiffe - sechs bis acht Schiffe von 100 bis 250 Last - werden fast ausnahmslos in der Übersee-Fahrt betrieben und segeln nach Nordamerika, Westindien und Brasilien. Auffällig ist, daß einzelne Schiffe 1815/16 und 1818/19 ihre Aufenthalte in Übersee auf zwei bis drei Jahre ausdehnen. Offensichtlich sind Zwischenreisen durchgeführt worden, und zwar in dortigen Gewässern. Die Übersee - Fahrt wird ausgebaut und bis 1849 weiter geführt.

Handelsfirma S. & B. ROOSEN (1820-1856)

Nach Berend Roosen Sal. Sohns Tode im Jahre 1820 übernehmen seine Söhne Salomon der Jüngere (1793-1862) und Berend V (1795-1860) die väterliche Firma unter dem Namen S. & B. R o o s e n. Diese Firma besteht in Hamburg bis 1893. Der Schiffsbestand wird 1820/21 von 16 auf 10 verringert, um die noch vorhandenen Partenbesitzer ablösen zu können: von 1821 an sind S & B. Roosen Alleineigentümer ihrer Schiffe. Zugleich wird eine tiefgreifende Umstellung des Geschäftsbetriebes vollzogen. Die Archangel- und Ostsee-Fahrt wird aufgegeben, der Walfang spätestens 1825. Auch der Verkehr mit Amsterdam, Großbritannien und Frankreich wird eingestellt. Es erfolgt eine Konzentration auf die Nordspanien- und Portugal - Fahrt (mit kleineren Schiffen) und auch die Übersee-Fahrt: die größeren Schiffe segeln nach Nord-, Mittel- und Südamerika. Auch Salomon & Berend Roosen unternehmen 1820/21 zweijährige Übersee-Reisen, gehen jedoch bereits 1822 dazu über ihre Schiffe von Übersee unmittelbar nach Hamburg zurückkehren zu lassen.